Experten zweifeln an Zusammenhang zwischen Pestiziden und Krebssterblichkeit bei Kindern in Brasilien

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Eine neue Studie aus den USA weist darauf hin, dass die steigende Sojaproduktion in Brasilien möglicherweise zu einer erhöhten Krebssterblichkeit bei Kindern führt. Insbesondere der verstärkte Einsatz von Pestiziden im Zusammenhang mit der Sojaproduktion steht im Fokus der Forschung. Deutsche Experten haben jedoch Zweifel an diesem Zusammenhang und fordern weitere Untersuchungen, um die genauen Auswirkungen der Pestizid-Exposition auf Krebstodesfälle zu bestimmen.

Glyphosat und Co.: Brasilien im Fokus der Pestizid-Debatte

Mit einem sechsfachen Anstieg des Pestizideinsatzes in den letzten 20 Jahren gilt Brasilien als einer der weltweit größten Verwender dieser Schädlingsbekämpfungsmittel. Jährlich kommen mehr als eine halbe Million Tonnen Pestizide zum Einsatz, darunter auch das umstrittene Glyphosat, das in hochkonzentrierter Form verwendet wird.

Die Autorinnen der Studie kommen zu dem Schluss, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des intensiven Pestizid-Einsatzes auf die breite Bevölkerung noch nicht ausreichend untersucht wurden. Bisherige Forschung konzentrierte sich hauptsächlich auf hohe Dosierungen in Labor- und Tierversuchen sowie auf Personen, die längere Zeit direkter Pestizid-Exposition ausgesetzt waren.

Das Forschungsteam hat den Einfluss der Ausweitung des Sojaanbaus in Brasilien auf die Krebssterblichkeit bei Kindern unter zehn Jahren untersucht. Dabei wurden zwei unterschiedliche Ökosysteme, das Amazonas-Gebiet und der Cerrado, analysiert. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Anstieg der Sojaproduktion und des Pestizid-Einsatzes in beiden Regionen. Dies könnte zu einer erhöhten Sterblichkeit durch Krebs bei Kindern führen.

Die Wissenschaftlerinnen haben in ihrer Studie Gesundheitsdaten der letzten 20 Jahre analysiert, um den Zusammenhang zwischen der Ausweitung des Sojaanbaus, dem verstärkten Einsatz von Pestiziden und der Krebssterblichkeit bei Kindern zu untersuchen. Dabei wurden auch Informationen zur Landnutzung, Wasserquellen und Bevölkerungsstruktur ausgewertet, um mögliche Einflussfaktoren zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich zwischen 2000 und 2019 die Sojaproduktion im Cerrado-Gebiet verdreifacht hat, während sie im Amazonas-Gebiet um das 20-Fache gestiegen ist. Gleichzeitig hat sich der Einsatz von Pestiziden in den untersuchten Regionen in diesem Zeitraum um das Drei- bis Zehnfache erhöht. Diese Zahlen verdeutlichen den drastischen Anstieg der Sojaproduktion und den damit einhergehenden verstärkten Einsatz von Pestiziden in Brasilien.

Laut Schätzungen der Forscherinnen sind zwischen 2008 und 2019 insgesamt 123 Kinder an akuter lymphatischer Leukämie (ALL) gestorben, einer der am häufigsten auftretenden Krebsarten bei Kindern, die mit Pestizid-Exposition in Verbindung gebracht wird. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Ausbau der Sojaproduktion in Brasilien und den Todesfällen durch ALL bei Kindern in der Region gibt, wie Marin Skidmore feststellt.

Die Studie weist darauf hin, dass keine direkte kausale Verbindung zwischen Pestizid-Exposition und Krebstodesfällen hergestellt werden kann. Andere mögliche Erklärungen, wie die Pestizidbelastung durch den Anbau anderer Produkte oder das Vorhandensein anderer Risikofaktoren, wurden jedoch ausgeschlossen. Dies deutet darauf hin, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um den genauen Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und Krebstodesfällen zu bestimmen.

Die Untersuchung befasste sich auch mit dem Einfluss des Flusssystems auf die Pestizid-Exposition. In den untersuchten Regionen, in denen 50 Prozent der Menschen Oberflächenwasser als Trinkwasserquelle nutzen, war die Anzahl der Todesfälle flussabwärts der Anbaugebiete höher als flussaufwärts. Dies legt nahe, dass Pestizide möglicherweise über den Abfluss in das Oberflächenwasser gelangen und so zu einer erhöhten Exposition führen.

Matthias Liess vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung vermutet, dass es eine ursächliche Beziehung zwischen Sojaanbau, Pestizid-Einsatz und der Krankheitslast bei Kindern gibt. Die Feststellung einer erhöhten Krankheitshäufigkeit flussabwärts des Sojaanbaus unterstützt diese Vermutung.

Jörg Rahnenführer von der Technischen Universität Dortmund kritisiert, dass die in der Studie genannten 123 zusätzlichen Todesfälle statistisch gesehen nur knapp signifikant sind. Er fordert, dass ein Konfidenzintervall angegeben wird, um die Aussagekraft der Daten besser einschätzen zu können. Dies wäre wichtig, um mögliche Unsicherheiten und Schwankungen in den Ergebnissen zu berücksichtigen. Rahnenführer betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen statistischen Analyse, um zu belastbaren Schlussfolgerungen zu gelangen.

Die vorliegende Studie deutet darauf hin, dass der zunehmende Sojaanbau in Brasilien und der vermehrte Einsatz von Pestiziden möglicherweise mit einer höheren Krebssterblichkeit bei Kindern in Verbindung stehen könnten. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass deutsche Experten Zweifel an dieser Zusammenhangsannahme haben. Um eine klare Aussage über den genauen Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und Krebstodesfällen zu treffen, sind weitere umfangreiche Forschungen erforderlich.

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